Pressemitteilung

Maschinelles Lernen ermöglicht das Zählen magnetischer Skyrmionen

Forschenden vom Fachbereich Physik ist es gelungen, künstliche neuronale Netze so zu trainieren, dass sich die Anzahl der Skyrmionen in begrenzten Geometrien rekonstruieren lässt. In der Fachzeitschrift Physical Review Applied berichten sie, wie die topologische Ladung aus einer zeitlich gemittelten Messung auf diese Art ermittelt werden kann. Die Ergebnisse sind von unmittelbarer Bedeutung für die Interpretation experimenteller Ergebnisse, für Skyrmionen-basiertes Computing und für Speicherkonzepte.

Skyrmionen sind lokale Wirbel in der Spintextur eines magnetischen Materials. Magnetische Wechselwirkungen auf atomarer Ebene können zu verschiedenen magnetischen Strukturen führen. Das magnetische Skyrmion ist dabei eine besonders interessante Konfiguration: Kürzlich vorgeschlagene spintronische Geräte verwenden magnetische Skyrmionen als Informationsbits. „Um magnetische Skyrmionen nutzen zu können, müssen wir sie aber zuverlässig erkennen können“, sagt Tim Matthies aus den Forschungsgruppen von Prof. Wiesendanger (Untergruppe PD, Dr. Elena Vedmedenko) und Dr. Thore Posske, wobei beide als Teil des Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ forschen.

Bei gut voneinander getrennten Skyrmionen entspricht die topologische Ladung der Anzahl der Skyrmionen im System. Die hohe Mobilität magnetischer Skyrmionen führt jedoch zu stochastischer Bewegung bei endlichen Temperaturen, was die genaue Messung der topologischen Zahlen deutlich erschwert.

Um die topologische Ladung berechnen zu können, benötigen die Forschenden die dreidimensionale Richtung jedes Spins; bei Messungen ist jedoch in der Regel nur die z-Richtung der Spins zugänglich. Erschwerend kommt hinzu, dass die Skyrmionen bei höheren Temperaturen einer Brownschen Bewegung folgen. Die Messung der Magnetisierung ergibt dann ein über die Zeit gemitteltes, unscharfes Bild der z-Projektion der Spins, in dem einzelne Skyrmionen nur schwer zu erkennen sind.

An dieser Stelle setzten Alexander Schäffer und Tim Matthies ein künstliches neuronales Netz ein. „Überraschenderweise kann man mit Hilfe fortschrittlicher maschineller Lerntechniken die Anzahl der Skyrmionen sogar aus diesen unscharfen Daten extrahieren“, sagt Tim Matthies. „Dadurch wird die Skyrmionenzählung auf der Grundlage experimenteller Daten im realen Raum erheblich erleichtert.“

 

Abbildung: Die Aufnahmen zeigen das simulierte System zu verschiedenen Zeiten und das daraus resultierende zeitlich gemittelte Bild: In zwei Schnappschüssen kann die Anzahl der Skyrmionen zu jedem Zeitpunkt mit 5 angegeben werden (links 0 ns, Mitte 20 ns). Die Bestimmung dieser Zahl im zeitlich gemittelten Bild auf der rechten Seite ist deutlich schwieriger. Foto: UHH, Tim Matthies



Originalpublikation:

T. Matthies, A.F. Schäffer, T. Posske, R. Wiesendanger, and E.Y. Vedmedenko,
Topological characterization of dynamic chiral magnetic textures using machine learning
Physical Review Applied 17, 054022 (2022).
DOI: 10.1103/PhysRevApplied.17.054022

 

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Roland Wiesendanger
Department of Physics
University of Hamburg
Jungiusstr. 9a
20355 Hamburg
Phone: 040 / 42838-5244
E-Mail: wiesendanger@physnet.uni-hamburg.de 


 

 
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