Gründungskonzept von
INCH:
Das wissenschaftliche Konzept von INCH basiert auf vier
verschiedenen Forschungsfeldern, die untereinander eng vernetzt
sind: 1. Nanoskalige Materialien, 2. Nanoanalytik, 3.
Nanomanipulation und 4. Nano-Bio-Organisation.
Das erste Forschungsfeld zielt auf die Synthese und die
Selbstorganisation von nanoskaligen Materialsystemen, welche
neue größenabhängige physikalische und chemische Eigenschaften
zeigen. Dabei werden physikalisch-chemisch synthetisierte
Nanopartikel ebenso wie nanostrukturierte Polymersysteme
untersucht. Während Halbleiter-Nanopartikel vielfältige optische
Anwendungen finden, werden magnetische Nanopartikel verstärkt in
der Datenaufzeichnung sowie in der Medizin eingesetzt.
Nanostrukturierte Polymersysteme besitzen wiederum deutlich
verbesserte optische, elektrische und mechanische Eigenschaften
gegenüber konventionellen Polymersystemen. Gerade in der
Medizintechnik werden heutzutage verstärkt nanoskalige Partikel,
z. B. für die Kontrastverbesserung in der
Magnetresonanzbildgebung, sowie nanostrukturierte, biokompatible
Funktionsmaterialien benötigt, die nur durch eine gezielte
Optimierung der chemischen Syntheseverfahren bereitgestellt
werden können. Darüber hinaus werden die zahlreichen, heute
schon existierenden Anwendungen von Nanopartikeln in den
Bereichen Oberflächenveredlung, Hybridmaterialien und Kosmetik
neue Impulse durch diese Forschungsaktivitäten erhalten.
Das zweite Forschungsfeld konzentriert sich auf experimentelle
Weiterentwicklungen und theoretische Grundlagen der
nanoanalytischen Methoden. Fortgeschrittene Analysewerkzeuge
spielen eine Schlüssel- und Querschnittsrolle für das gesamte
Feld der Nanowissenschaften, was sich am Beispiel der
Rastertunnelmikroskopie auf eindrucksvolle Weise gezeigt hat.
Der Fokus der Arbeiten im Rahmen von INCH wird auf der
Untersuchung von Nanopartikel, molekularen und biologischen
Systemen mit ultimativer Orts- und Zeitauflösung liegen, welche
durch eine Kombination von Rastersondenmikroskopie und
Ultrakurzzeitspektroskopie im Femto- und Attosekundenbereich
erreicht werden soll. Mittels inelastischer
Rastertunnelspektroskopie können funktionelle Gruppen von
molekularen Systemen identifiziert werden, während die
Magnetresonanzkraftmikroskopie gleichzeitig die dreidimensionale
atomare Struktur und die Morphologie komplexer Molekülsysteme
erschließen kann.
Das dritte Forschungsfeld beschäftigt sich mit der
kontrollierten Manipulation atomarer und molekularer Systeme zum
gezielten Aufbau künstlicher Nanostrukturen mit neuen
funktionalen Eigenschaften. Dabei sind Konzepte der Robotik und
der Echtzeit-Bildverarbeitung mit den Mikroskopietechniken des
o.g. Forschungsfeldes zu kombinieren. Die Bedeutung nanoskaliger
Strukturierungs- und Eingriffsmöglichkeiten reicht weit über das
Gebiet der Nanotechnologie hinaus, da solche Werkzeuge zukünftig
in allen Hightech Branchen benötigt werden, insbesondere in der
Informations- und Kommunikationstechnik sowie in der
Biotechnologie. Dabei werden bestehende Verfahren der
Mikromanipulation und der Mikrochirurgie konsequent in den
Nanometerbereich übertragen. Eine enge Zusammenarbeit von
Physikern, Informatikern und Ingenieuren ist dabei
Grundvoraussetzung für den Erfolg.
Das vierte Forschungsfeld zielt schließlich auf die Anwendung
nanotechnologischer Verfahren in den Bereichen Biotechnologie
und Medizintechnik. Dabei stehen grundlegende Erkenntnisse über
die Nano-Bio-Organisation unter Einsatz neuer nanoanalytischer
Verfahren ebenso im Zentrum des Interesses wie die Entwicklung
neuartiger Biosensoren und biokompatibler Materialien.
Insbesondere die Anwendung rasterkraftmikroskopischer Verfahren
in wässrigen Lösungen und in kryogener Umgebung verspricht neue
Impulse im Bereich der strukturellen Molekularbiologie sowie
Fortschritte im Hinblick auf ein besseres Verständnis von
Struktur-Funktions-Beziehungen. Gerade im Rahmen dieses
Forschungsbereichs wird die fakultätsübergreifende
Zusammenarbeit der Naturwissenschaften und der Medizin
unabdingbare Voraussetzung sein, um zielgerichtet und effizient
zu neuen Erkenntnissen und Anwendungen an der Schnittstelle von
Nano- und Biotechnologie sowie der Medizintechnik zu gelangen.
Mit der Errichtung des Interdisziplinären
Nanowissenschafts-Centrums Hamburg (INCH) auf dem
naturwissenschaftlichen Campus der Universität Hamburg wird
gemeinsam mit dem bereits 1996 gegründeten Zentrum für
Mikrostrukturforschung auf dem Campus Jungiusstrasse ein
international sichtbarer Forschungsschwerpunkt
„Nanowissenschaften und Nanotechnologie“ an der Universität
Hamburg geschaffen, der die vorhandenen Kompetenzen in den
verschiedenen beitragenden Disziplinen bündelt und eine
fundierte Basis für bestehende und neue kooperative
Forschungsvorhaben liefert.
Prof. Dr. Roland Wiesendanger
Wissenschaftlicher Koordinator des INCH
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