Eine
Hamburger Forschergruppe wirft den ersten direkten „Blick“ auf die
Magnetisierung einzelner Atome. Wie die renommierte Zeitschrift
„Science“ in der Ausgabe vom 04.04.2008 berichtet, gelang es Focko
Meier, Lihui Zhou, Jens Wiebe und Roland Wiesendanger die magnetische
Ausrichtung einzelner Atome, die auf einer metallischen Unterlage
liegen, erstmals direkt abzubilden. Damit ist die Grundlage geschaffen,
den Zustand des kleinstmöglichen Bits der magnetischen
Speichertechnologie, das man sich vorstellen kann, auszulesen. Bereits
im September vergangenen Jahres hat die Forschungsgruppe um Roland
Wiesendanger in einer ebenfalls in der Zeitschrift „Science“
veröffentlichten Arbeit gezeigt, dass auch magnetische Schreibprozesse
bis in atomare Dimensionen möglich sind.
Die
stetig zunehmende Miniaturisierung heute üblicher elektronischer Geräte
wie Mobiltelefone, oder Digitalkameras erfordert immer
leistungsfähigere Speicher, welche die Flut der Daten auf kleinstem
Raum erfassen können. Daher gab es in den letzten Jahrzehnten einen
dramatischen Anstieg der Speicherdichte von magnetischen
Datenspeichern, der im Wesentlichen durch die stetige Verkleinerung der
Grundbausteine solcher Speicher, der Bits, erreicht wurde. Solche Bits
sind voneinander isolierte magnetische Einheiten, deren Magnetisierung
nach oben ("1") oder nach unten ("0") ausgerichtet werden kann, um
Information zu speichern. Der Magnetisierungszustand des Bits kann
anschließend mittels eines geeigneten Lesekopfes wieder ausgelesen
werden, um auf die Information zuzugreifen. Wäre man nun in der Lage,
Bits aus einzelnen Atomen herzustellen, so ergäben sich immens hohe
Speicherdichten. Es gibt bereits Ideen, solche atomaren Bits, bei denen
die quantenmechanischen Eigenschaften zutage treten (so genannte
Qubits), für völlig neuartige Rechenverfahren zu nutzen, um in so
genannten Quantencomputern die Rechengeschwindigkeit zu erhöhen. Die
wichtigste Voraussetzung für solche Technologien ist, dass der
Magnetisierungszustand solch eines Qubits überhaupt ausgelesen werden
kann. Hamburger Wissenschaftlern ist es nun gelungen, den
Magnetisierungszustand des kleinst-denkbaren Bits, eines einzelnen
magnetischen Atoms, das auf einer nichtmagnetischen Unterlage liegt,
auszulesen. Dazu benutzten sie Cobalt-Atome, die auf eine
Platinunterlage aufgebracht wurden (siehe Abbildung). Als Lesekopf
dient die magnetisch beschichtete Spitze eines Rastertunnelmikroskops,
mit deren Hilfe die Atome berührungslos in einem Abstand von wenigen
Atomdurchmessern abgetastet werden. Bevor
allerdings mithilfe
solcher Strukturen funktionierende Speichermedien gebaut werden können,
sind noch große Herausforderungen zu überwinden. Bei magnetischen
Speichern ist essentiell, dass die Magnetisierung der Bits nicht von
selbst von "1" nach "0" schaltet, da sonst die Information verloren
gehen würde. Die Bits müssen also bei Raumtemperatur "magnetisch
stabil" sein. Wie die Hamburger Forschergruppe festgestellt hat, ist
dies für die von ihnen untersuchten Cobalt-Atome selbst bei extrem
tiefen Temperaturen von -273 °C nahe dem absoluten Nullpunkt nicht der
Fall: Die Cobalt-Atome schalten statistisch zwischen "1" und "0" und
können nur mithilfe eines von außen angelegten Magnetfeldes in einen
bevorzugten Zustand gezwungen werden. Gegenwärtig werden andere
Materialkombinationen erforscht, welche stabile magnetische Zustände
auch auf Einzelatomebene ermöglichen sollten.
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Abbildung
der mit der magnetischen Spitze des Rastertunnelmikroskops abgetasteten
Cobalt-Atome, die auf einer gestuften Platinunterlage (blau) liegen. An
den Stufen der Platinunterlage sind zusätzlich so genannte
Cobalt-Streifen zu sehen (gelb und rot), die aus vielen hundert dicht
gepackten Cobalt-Atomen bestehen. Diese sind magnetisch stabil und
dienen der Kalibrierung des Lesekopfes (Spitze). Gelbe Streifen sind
nach oben, und rote nach unten magnetisiert. Interessanterweise
verhalten sich die Cobalt-Atome in der Nähe der Streifen ebenfalls
magnetisch stabil. Ihr Zustand ("0" oder "1") hängt vom Abstand zum
Streifen, und von dessen Magnetisierungszustand ab (siehe Pfeile). (© 2008 SPM-Gruppe von
Prof. Roland Wiesendanger, Universität Hamburg)
Original-Veröffentlichung: F. Meier, L. Zhou, J. Wiebe, and R. Wiesendanger, "Revealing magnetic interactions from single-atom magnetization curves" Science 320, 82-86 (2008) doi: 10.1126/science.1154415
Weitere Informationen: Dipl.-Chem. Heiko Fuchs Institut für Angewandte Physik Universität Hamburg Jungiusstr. 11a, 20355 Hamburg Tel.: (0 40) 4 28 38 - 69 59 Fax: (0 40) 4 28 38 - 24 09
E-Mail: hfuchs@physnet.uni-hamburg.de URL: http://www.sfb668.de
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